Montag, 4. Juli 2016

Ein Wesen, das verachtet seinen Stamm, kann nimmer fest begrenzt sein in sich selbst *

Während des Heinerfestes macht die Darmstädter Stadtkirche regelmäßig die „Landgrafen-Gruft” unter dem Chor zugänglich. Gestern habe ich mir ansehen können, wie das aktuelle „Haus Hessen" die Grablege der (nicht ganz so unmittelbaren..) Vorfahren „pflegt”.

Stadtkirche Darmstadt. Der meist geschlossene Abgang zur Gruft im Chor
Die beiden kleinen Räume sind reich stukkiert und machen einen deutlich renovierungsbedürftigen, aber nicht verfallenen Eindruck. „Unter dem Chor liegen zwei stuckverzierte Gewölbe, die seit dem Tod Georgs I. (1596) als Begräbnisstätte des Fürstenhauses dienten, bis sie durch die Mausoleen auf der Rosenhöhe abgelöst wurden. Die Fürstengruft wurde von Ludwig V. 1615/17 ausgebaut und geschmückt.” (Stadtlexikon Darmstadt)
Landgrafengruft. Erster Raum

Landgrafengruft. Zweiter Raum 
Dicht an dicht stehen die Särge der frühen Landgrafen, ihrer Ehefrauen und einiger Verwandter. Eine ins Auge fallende Besonderheit ist das von der Decke hängende Silbergefäß mit dem Herzen von Georg von Hessen-Darmstadt (1669 - 1705), dem „Gibraltar-Schorsch, der die Halbinsel 1704 für die Briten eroberte. 
Die silberne Kapsel mit dem Herzen von Georg von Hessen-Darmstadt


Die Beschriftung auf dem Sarg des ersten hessischen Landgrafen 
Die Särge der hessischen Landgrafen (v.l.o n.r.u.)
(bis auf den letzten, Ludwig IX, der in Pirmasens beigesetzt wurde)
1568–1596: Georg I., 1596–1626: Ludwig V.,  1626–1661: Georg II.,
1661–1678: Ludwig VI., 1678: Ludwig VII., 1678–1739: Ernst Ludwig.
1739–1768: Ludwig VIII. 

















Schon die höchst provisorische Beschriftung der Särge ist, bei aller Distanz zu Heldenverehrung und Monarchiesehnsucht, dem Ort und seiner Bedeutung nicht angemessen. Mit ein paar Benefiz-Veranstaltungen in den fürstlichen Liegenschaften Hessicher Hof und Schloßhotel Kronberg oder einer Sonderedition vom ebenfalls fürstlichen Weingut Prinz von Hessen könnte den schlimmsten Defiziten leicht und schnell abgeholfen werden ...

Im Boden des ersten Raums findet sich eine Falltür, durch die ein - inzwischen verschütteter -  unterirdischer  Zugang zum Schloss erreicht werden konnte.




*Shakespeare. King Lear (IV, 2)

ALBANY
O Goneril!
You are not worth the dust which the rude wind
Blows in your face. I fear your disposition:
That nature, which contemns its origin,
Cannot be border'd certain in itself;

She that herself will sliver and disbranch
From her material sap, perforce must wither
And come to deadly use.